Wabi Sabi: Das Prinzip der Schönheit

Wabi-Sabi ist ein ästhetisches Konzept, das sehr eng mit dem Zen-Buddhismus in Verbindung steht. Es bezieht sich auf die Fähigkeit, die Schönheit mit dem Herzen zu sehen. Diese asiatische Philosophie kann bescheidenen Menschen helfen, ein glücklicheres und erfülltes Leben zu führen. Der Begriff Wabi-Sabi wurde im 16. Jahrhundert von dem japanischen Tee-Meister und Zen-Mönch Sen no Rikyū eingeführt. Die entsprechende Denkweise war aber bereits im ganzen japanischen Mittelalter (also ungefähr ab dem 12. Jahrhundert) weit verbreitet. Auch im japanischen Altertum (7. bis 11. Jahrhundert) finden sich bereits einige Ansätze in dieser Richtung, die aber neben anderen Idealen zurückstehen mussten. In der japanischen Sprache gibt es bestimmte Wörter und Ausdrücke, die das Bewusstsein und die Philosophie der Japaner genau widerspiegeln.Einer dieser Ausdrücke ist Wabi-Sabi. Dieser Ausdruck ist abgeleitet von dem japanischen Tee-Brauch namens „Daidao“ (der Weg des Tees, auch Cha-do genannt) oder dem Brauch der Zubereitung und des Servierens von Tee.Dieser Ausdruck zeigt deutlich das ästhetische Bewusstsein, oder die Wertschätzung schöner Dinge, der Japaner. So wie die Wörter „jung“ (tiefe Zuneigung).

Wabi Sabi 寂侘

Ursprünglich bedeutet „Wabi“: sich, einsam und verloren fühlen. Dies wandelte sich zur Freude an der Herbheit des einsam-stillen. Bitte nicht mit Psycho-Leiden verwechseln. Wabi-Sabi muss nicht – und soll – nicht therapiert werden. Wabi Sabi ist vor allem eine Haltungsfrage. Aber erst in der Verbindung mit „Sabi“: alt sein, Patina zeigen, über Reife verfügen, entstand die eigentlich nicht übersetzbare Begriffseinheit, die den Massstab der japanischen Kunstbewertung bildet. Nicht die offenkundige Schönheit ist das Höchste, sondern die verhüllte, nicht der unmittelbare Glanz der Sonne, sondern der gebrochene des Mondes. Der bemooste Fels, das Grasbewachsene Strohdach, die knorrige Kiefer, der leicht verrostete Teekessel, das und Ähnliches sind die Symbole dieses Schönheitsideals. Es geht um die Hoheit, die sich in der Hülle des Unscheinbaren verbirgt, die herbe Schlichtheit, die dem Verstehenden doch alle Reize des Schönen offenbaren.

Was ist das Prinzip von Sabi und Wabi?

Der Begriff kann nicht genau beschrieben werden. Er umfasst etwa die Begriffe alt, ehrwürdig, antik, reif, gedämpft, mit Patina versehen. …Wabi-Sabi bezeichnet aber auch das Gefühl beim Betrachten der Vergänglichkeit der Dinge, die gerade wegen eben dieser Vergänglichkeit schön sind, die Schönheit eines Suiseki, oder eines Bonsai etwa, die im Laufe vieler Jahre gealtert sind. Sabi und Wabi zusammen bewirken in uns eine Haltung von Ruhe und Gelassenheit. Der Begriff steht als subjektives Empfinden für ein Bild einer einsamen Fischerhütte am Strand, vom Sturm gepeitscht, an einem grauen Wintertag. Eine unbestimmte, Stimmung, die durchdrungen ist vom Genuss des Zaubers der einfachsten Dinge. Wabi vermittelt uns das Gefühl für die Einfachheit und Natürlichkeit der Dinge. Ein Paar alte Holz-Schuhe wie auf dem folgenden Bild – das ist Wabi Sabi.

Abbildung: Alte Schuhe – das ist Wabi-Sabi
Abbildung: Alte Schuhe – das ist Wabi-Sabi

Auf der anderen Seite … Solche „alt-ehrwürdige“ Schuhe mit moderner Technik zu reparieren, das hat mit Wabi-Sabi Nichts zu tun.

Abbildung: alte Schuhe renoviert
Abbildung: alte Schuhe renoviert

Die Ursprünge von Wabi-Sabi

Sabi und Wabi ist ein sehr eng mit Japan und dem Zen Buddhismus verbundenes Konzept der Ästhetik. Es ist eine Art und Weise, Dinge mit dem Herzen wahrzunehmen. Sabi und Wabi lenkt den Blick auf das Werden und Vergehen in allem und findet die innere Schönheit im– oberflächlich betrachtet – scheinbar Unvollendeten,Unperfekten, Vergänglichen. Die Patina auf kupfernen Tempeldächern, Lachfalten im wettergegerbten Gesicht eines Reisbauern, die runzelige Schönheit einer Umeboshi – die runzelige Umeboshi erfüllt sogar die höchsten Ansprüche von Wabi-Sabi – eine bewusste Verlangsamung im Lebensrhythmus des Menschen … das alles ist Sabi und Wabi.

Im sechzehnten Jahrhundert führte der japanische Tee Meister und Zen Mönch Sen no Rikyu den Begriff Wabi Sabi ein. Die folgende kleine Anekdote ist von ihm bekannt: „Sen no Rikyu wollte den Weg des Tees lernen, und so suchte er den Tee Meister Takeno Joo auf. Joo befahl Rikyu, den Garten zu säubern, und Rikyu machte sich sofort eifrig an die Arbeit. Er rechte den Garten, bis der Boden in perfekter Ordnung war. Als er fertig war, betrachtete er seine Arbeit. Dann schüttelte er den Kirschbaum, sodass ein paar Blüten wie zufällig zu Boden fielen. Der Tee Meister Joo nahm Rikyu in seine Schule auf.“ Ursprünglich bedeutet „Wabi“: sich elend, einsam und verloren fühlen. Dies wandelte sich zur Freude an der Herbheit des Einsam-Stillen. Bitte nicht mit Psycho-Leiden verwechseln.

Wabi-Sabi muss nicht – und soll auch nicht – therapiert werden. Aber erst in der Verbindung mit „Sabi“: alt sein, Patina zeigen, über Reife verfügen, entstand die eigentlich nicht übersetzbare Begriffseinheit, die den Massstab der japanischen Kunstbewertung bildet.

Wabi Sabi in den japanischen Künsten

Viele japanische Kunstrichtungen in den letzten 1‘000 Jahren wurden von Zen beeinflusst, insbesondere von der Akzeptanz und Kontemplation der Unvollkommenheit, des ständigen Flusses und der Impermanenz aller Dinge. Solche Künste können die Ästhetik des Wabi-Sabi exemplarisch zeigen. Dazu zählen beispielsweise:

  • Shinsendô
  • OnmYodô, InYodô – der Weg von Yin und Yang – InYologie
  • Shokuyodô – Der Weg der Ernährung „Makrobiotik“ (Shojin-Ryori).
  • Japanische Gärten
  • Bonsai
  • Kadô, (Ikebana, Moribana)- Wörtlich, lebende Blumen. Die Kunst des Blumenarrangierens. Die meditative Form des Ikebana ist das Kadô.
  • Sadô, Chadô Japanische Teezeremonie
  • Honkyoku (traditionelle Shakuhachi-Musik der wandernden Zenmönche)
  • Haikudô oder Shikisima no michi – die Kunst des Dichtens, Poesie
  • Karatedô, Aikidô, Kyudô, Iaidô

Und viele Mehr. Alle „Dô“ – Weg-Künste habe ich im Buch: InYologie – die detaillierte Lehre von Yin und Yang aufgelistet und im Detail erklärt. https://vivoterra.com/shop/inyologie-die-detaillierte-lehre-von-yin-und-yang/

Meine Kritik an der modernen Wabi Sabi Interpretation

  • Kintsukuroi: „Imperfektion macht ein Objekt widerstandsfähiger und schöner…“

Allein dieser Titel manipuliert den Inhalt in Richtung einer Irr-Lehre, wenn der Inhalt zum Titel passend geschrieben wird. Der Begriff „Imperfektion“ bedeutet „unvollkommen“ – was Wabi und Sabi nicht sind, „unvollendet“ – was Wabi und Sabi nicht sind, „ungewollte“ – was Wabi und Sabi nicht sind, „ungewollte“ Abweichung in der Technik – was Wabi und Sabi nicht sind,

  • Kintsukuroi: „macht ein Objekt widerstandsfähiger….“ was Wabi und Sabi nicht macht und Wabi und Sabi nicht richtig definiert.

Die Begriffe „Kintsukuroi“ und „Imperfektion“ stelle ich nicht in Frage. Ich sage dazu: diese Begriffe gehören nicht zu Sabi und Wabi, weil sie Sabi und Wabi falsch lehren würden. Kintskuroi ist zwar eine edle, japanische Reparatur-Technik, hat aber mit Sabi und Wabi nichts zu tun!

Abbildung: Ein Beispiel von Kintskuroi
Abbildung: Ein Beispiel von Kintskuroi

Wer das Wabi-Sabi-Prinzip so interpretiert und denkt, er könne Wabi-Sabi nach dem Prinzip JEKAMI. in jeden X-beliebigen Bereich übertragen, hat das Wabi-Sabi-Prinzip nicht gross genug verstanden. Wabi-Sabi hat nichts mit Unvollkommenheit zu tun. Im Gegenteil ist Wabi-Sabi in sich vollkommen. Nur wer das Prinzip von Sabi und Wabi nicht gross genug versteht, interpretiert Sabi und Wabi als „unschön“, „unvollkommen“, „Reparaturbedürftig“.

Genau so, wird von Unwissenden versucht, Wabi-Sabi zu „psychiatrisieren“. Das suggeriert Wabi-Sabi ebenso in eine falsche Richtung. Denn Wabi-Sabi muss nicht, und soll nicht, therapiert werden. Natürlich entstandenes Wabi-Sabi darf nicht künstlich „verschönert“ werden, eine natürlich krumm gewachsene Kiefer muss nicht, und soll nicht, künstlich begradigt und „repariert“ werden, denn damit wird Sabi und Wabi nicht „verbessert“, sondern „verschlimmbessert“ und zerstört. Ein abgenutzter Autoreifen, der neu aufgummiert wird – egal wie technisch perfekt das gemacht wird –  hat Nichts mit dem Prinzip von Wabi-Sabi zu tun. Das ist einfach nur eine perfekte Reparatur.

Wenn Gegenstände kaputt gegangen sind und repariert werden – egal wie technisch perfekt diese Reparaturen auch sind, hat das mit Wabi-Sabi nichts zu tun. Wenn ein alter Mensch in seiner Haut Falten des Lebens aufweist – was auch Wabi-Sabi aufweist – müssen diese Falten nicht weg therapiert, oder repariert werden. Denn das „reparierte“ Gesicht würde auch Wabi-Sabi zerstören.

Abbildung: Das ist ein Wabi Sabi Gesicht
Abbildung: Das ist ein Wabi Sabi Gesicht

Und hier ein Beispiel von modernem „Kintskuroi“ – ein Gesicht welches mit Operationstechnik geliftet wurde – was kein Wabi Sabi ist.

Abbildung: Face lifting
Abbildung: Face lifting

Ganz anders ist es, wenn Gegenstände durch Gebrauch „abgenutzt“ sind und dadurch Spuren von „alt“ und „gebraucht“ aufweisen, können diese Gegenstände dem Prinzip von Wabi-Sabi entsprechen. Wenn zum Beispiel ein Bauer jahrelang mit einer Holz-Schaufel Getreide aus dem Speicher in Gefässe umfüllt, nützt sich diese Holz-Schaufel mit den Jahren ab und erhält „Gebrauchs-Spuren. Das ist Sabi und Wabi. Oder früher, als die einfachen Menschen ein Leben lang dasselbe – eigene – Essbesteck benutzten, zeigten diese Esslöffel Spuren von Abnutzung und Gebrauch, wurden aber so belassen und weiter geschätzt, ohne sie zu reparieren. Das ist Wabi-Sabi. Keinem Bauern würde es einfallen, diese „Gebrauchsspuren der Abnützung“ zu reparieren. Das ist Wabi-Sabi-Haltung und Wabi-Sabi-Wertschätzung.

Wabi-Sabi  in der Baukunst – Feng-Shui

Wabi-Sabi für Künstler, Architekten und Designer. Japans Philosophie der Bescheidenheit. Wabi-Sabi ist die auffallenste und charakteristischste Ausprägung dessen, was wir für traditionelle japanische Schönheit halten. Im japanischen Pantheon ästhetischer Werte wie die griechischen Ideale von Schönheit und Perfektion im Westen. Wabi-Sabi kann in seiner umfassendsten Ausprägung eine Form der Lebensführung sein; in seiner enggefasstesten ist es eine bestimmte Art von Schönheit. Auf den ersten Blick erscheinen Wabi-Sabi-Objekte schlicht, kunstlos, etwas bäuerlich und grob in ihrer Oberflächenstruktur. Damit hat Wabi-Sabi einige Charakterzüge gemeinsam mit dem, was wir gewöhnlich als „primitive Kunst“ bezeichnen, d.h. mit Gegenständen, die grob, einfach, anspruchslos und aus Naturmaterialien gefertigt sind. Wabi Sabi in der Baukunst

Abbildung: Alte Holzhäuser
Abbildung: Alte Holzhäuser

Solch „alt-ehrwürdige“ Häuser mit moderner Technik zu reparieren – das hat mit Wabi Sabi nichts zu tun.

Abbildung: Altes Haus mit neuer Technik renoviert
Abbildung: Altes Haus mit neuer Technik renoviert

Wabi-Sabi wird nie verwendet. Wabi-Sabi entsteht immer auf natürliche Weise. Ursprünglich hatten die japanischen Worte Wabi und Sabi ganz unterschiedliche Bedeutungen. Sabi bedeutete eigentlich „fröstelnd“, „abgezehrt“ oder „verwelkt“. Wichtig zu wissen ist auch – bei jeder Übersetzung auch vom Japanischen ins Deutsche – können Übersetzungs respektive Interpretationsfehler passieren.

Eine Übersetzung (Lehre) ist immer nur so gut wie das Verständnis vom Übersetzer. Die selbstauferlegte Isolation und die freiwillige Armut des Einsiedlers und Asketen wurden als Möglichkeit aufgefasst, um geistigen Reichtum zu erlangen. Beim Liebhaber der Dichtkunst förderte diese Art des Lebens die Aufgeschlossenheit für die kleinen Details des Alltags und die tiefere Einsicht in die Schönheit der unscheinbaren und leicht übersehbaren Aspekte der Natur. Andererseits erhielt eine auf den ersten Blick wenig einnehmende Schlichtheit eine eigene Bedeutung, als Basis einer neuen, reinen Form der Schönheit.

Will man Wabi und Sabi als „getrennte“ Phänomene (Antagonismen) betrachten, würde man ihre Unterschiede folgendermassen charakterisieren:

Wabi repräsentiertSabi repräsentiert
  • Eine Lebensweise, einen geistigen Pfad
  • Das Innere, Subjektive
  • Ein philosophisches Gebäude
  • Räumliche Ereignisse
  • Körperlich fassbare Gegenstände
  • Das Äussere, Objektive
  • Ein ästhetisches Ideal
  • Zeitliche Ereignisse

Aber wer das Prinzip von Sabi und Wabi gross genug versteht, wird diese beiden Begriffe gar nicht trennen wollen. Ein Weg-Meister trennt Yin auch nicht von Yang – das wäre Dualismus – und kennt die Unterschiede trotzdem sehr genau.

Wabi-Sabi in den Kampfkünsten

Ein weiteres hervorragendes Beispiel für Wabi-Sabi ist der Obi, der Gürtel eines erfahrenen Karate-Meisters. Ich habe meinen Kuroi-Obi (schwarzen Gürtel) seit 1999, und ich trage ihn normalerweise ein paar Mal pro Woche. Abgesehen von der normalen Abnutzung eines jeden Kleidungsstücks wird er beim Ukemi über den Boden und das Gras geschleift, beim Strandtraining (am Strand am Meer) malträtiert … Nach vielen Jahren ist der Obi – auch durch das unzählige Knoten binden – abgewetzt. Der Stoff ist um den Teil, der verknotet wird,  abgewetzt. Man kann die weissen Fasern im Inneren sehen. Einen alten Obi trägt man solange, bis der richtige Moment da ist, um ihn auszuwechseln. Das kann bei einer Graduierung sein, oder als Geschenk.

Abbildung: Schwarzer-Gürtel Sandokai-Karatedo
Abbildung: Schwarzer-Gürtel Sandokai-Karatedo

Wabi-Sabi in den Kampfkünsten zeigt sich auch beim Tragen vom Karate-Aikido-Judo-Gi (Anzug). In den traditionellen Kampfküsten bestickt man z.Bsp. seinen Karate-Anzug nicht mit einem Logo. Er bleibt schlicht, rein und weiss. Ein weiterer Bereich ist bei Zazen (sitzendes Zen). Wenn ein erfahrener Karatelehrer (Sensei) sich zum meditieren setzt, wird er seinen Obi mit der bestickten Seite auf der meistens der Name der Schule oder Stil bestickt ist – nicht nach aussen für alle sichtbar drehen, sondern nach dem Prinzip von Wabi-Sabi – in Dankbarkeit und Demut die unbestickte Seite vom Gürtel bescheiden nach aussen drehen. Das ist das Sabi-Wabi Prinzip der Bescheidenheit.

Wabi-Sabi in den Kunst des Tee trinkens – Cha-do

Vor dem Hintergrund des sich stärker verbreitenden Zen-Buddhismus entwickelte sich im Japan des 16. Jahrhunderts auf Betreiben einiger Teemeister, trotz des Widerstandes der wohlhabenden Klasse, welche die Teezeremonie als Tradition zur Vorführung von Glanz und Luxus betrieb, ein neues ästhetisches Prinzip – Wabi-Sabi. Die japanische Wabi-Sabi-Ästhetik reicht von einer metaphysischen Basis über geistige Werte, moralische Vorschriften, bis hin zur stofflichen Qualität, die auch in der Teekunst zum Ausdruck kommt und sich auf viele Bereiche der Kunst und Kultur auswirkt. Die Einfachheit und die Wertschätzung stehen im Zentrum dieser Anschauung. „Der junge Zen-Mönch Sen noRikyu wollte Cha-Dō, den Weg des Tees, erlernen. Deshalb suchte er den berühmten Teemeister TakenoJōō auf. Der Meister befahl Rikyu, den Garten zu säubern, woraufhin dieser sich sofort an die Arbeit machte. Er fegte und rechte, bis der Boden in perfekter Ordnung war. Als er fertig war, hielt Rikyu inne und betrachtete sein Werk. Dann schüttelte er den Kirschbaum, sodass ein paar Blütenblätter wie zufällig zu Boden fielen. Als Teemeister Jōō das sah, nahm er Rikyu in seine Schule auf.“

Wabi-Sabi in der Makrobiotik – Shokuyo-do

Wabi-Sabi am Beispiel einer Umeboshi: Der japanische Umebaum fängt Ende Februar, bis Anfang März zu blühen an, noch vor der Kirschblüte. Oft bedeckt noch Schnee den Boden. Die verborgene Lebenskraft der zart aussehenden-, eleganten weissen Blüten war ein bevorzugter Gegenstand in fernöstlichen Malereien und Gedichten. Die Blüten erzeugen dann die Früchte, die gross und grösser werden. Gegen Ende Mai werden die grünen Früchte gesammelt, gerade bevor sie leicht gelb werden. Von einem Baum können einige Tausend Früchte gesammelt werden. Zu dieser Zeit schmecken die Pflaumen extrem ­sauer.

Abbildung: Umeboshi frisch gepflückt
Abbildung: Umeboshi frisch gepflückt

Die frisch gepflückten Pflaumen werden zuerst gewaschen und dann auf Reismatten getrocknet, indem sie dem Sonnenlicht ausgesetzt werden. Die Pflaumen werden auch während der Nacht draussen gelassen. Dann bildet sich Tau und macht die Pflaumen weich. Am nächsten Tag trocknet sie wieder der Sonnenschein und in der Nacht macht der Tau sie wieder weich. Dieser Vorgang wird mehrere Tage lang wiederholt. Als Ergebnis werden die Pflaumen immer kleiner und bekommen viele Falten. Das ist Wabi-Sabi. Nach dieser Phase werden die Pflaumen in Fässer gefüllt, zusammen mit weissem grobem Meersalz und durch ein Gewicht bedeckt. Durch das Salz und den Druck fangen die Pflaumen an zu schrumpeln, und ihr Saft sammelt sich auf dem Boden des Behälters.

Da die Pflaumen gut getrocknet wurden, bedeckt dieser Saft nicht die Pflaumenfüllung. Bei der Einfüllung in die Fässer werden den Pflaumen auch purpurne Blätter desBüffelgrases, so genannte Shisoblätter, zugesetzt. Frisch gepflückte Blät­ter werden zuerst von Hand gerieben und gerollt, um die pflanzliche Zellstruk­tur aufzubrechen. Auf diese Art wird, nach ihrer Mischung mit den Pflaumen in dem Fass, schnell ihre Farbe freigesetzt, um diese tiefrot zu färben. Diese Färbung ist für die Umeboshifarbe verantwortlich, und sie trägt auch zu dem besonderen Geschmack der Umeboshi bei.Nachdem die Pflaumen, das Salz und das Shiso in dem Fass sind, und das Gewicht aufgelegt wurde, wird das Fass zugedeckt und mindestens sechs Monate stehengelassen. Umeboshi können aber viel länger eingepökelt werden, und sie werden mit der Zeit tatsächlich besser. Umeboshi, die sechs oder sieben Jahre alt sind, haben einen grossen Wert. Die ursprünglich knackigen Früchte, mit glatter Oberfläche, werden nach dem Fermentations-Prozess, weich und „schrumpelig“.

Abbildung: fermentierte Umeboshi
Abbildung: fermentierte Umeboshi

Nach den modernen „Schönheits-Ideal“, sind diese Früchte nicht mehr schön. Nach dem Prinzip von Wabi-Sabi jedoch, erfüllen diese „alten“- mehrere Jahre eingepöckelten – Umeboshi sogar die höchsten Ansprüche von Sabi und Wabi.

Wabi-Sabi in der Kunst des Blumensteckens – Ikebana

Ikebana – wörtlich „lebende Blumen“ – ist die japanische Kunst des Blumenarrangierens. Die meditative Form des Ikebana wird Kadō -„Weg der Blumen“- genannt. Sowohl Schüler als auch Lehrer des Kadō werden Kadōka genannt. Ikebana gehört zur Gruppe der sanften Do – der sanften Künste. Während im Westen Blumenarrangements oft so aussehen und die Blumenvasen komplett gefüllt werden

Abbildung: Blumengestecke im Westen
Abbildung: Blumengestecke im Westen

…sehen Blumenarrangements nach Ikebana-Regeln so aus:

Abbildung: Ikebana
Abbildung: Ikebana

Die drei Ebenen symbolisieren „Erde – Mensch – Himmel“. Und „leerer“ Platz wird nicht nur akzeptiert, sondern sogar erwünscht. Das ist Wabi-Sabi in der Kunst des Blumenarrangements.

Wabi Sabi in der Kunst des Dichtens

Das Prinzip von Wabi Sabi zeigt sich in der Essenz des Dichtens, Haikudô (Shikisima no michi) 俳句

Die Essenz des Dichtens:
Wörtlich übersetzt bedeutet Haiku im Japanischen so viel wie „lustiger Vers“, wobei die Verse eigentlich selten lustig sind, sondern eher an Zen-Weisheiten erinnern. Einer der bedeutendsten japanischen Haiku-Dichter war Matsuo Basho (1644–1694).

Von ihm stammt das berühmte Frosch- Haiku:

古池や
蛙飛び込む
水の音
furu ike ya
kawazu tobikomu
mizu no oto

Der alte Weiher:
Ein Frosch springt hinein.
Oh! Das Geräusch des Wassers.

Ein weiteres Beispiel von Wabi-Sabi finden wir in der Kunst des Zen-Malens. Da werden die Bilder mit so wenigen Pinselstrichen bemalen, wie es nötig ist, um das Bild oft nur andeutungsweise zu zeigen. Und trotzdem ist klar zu erkennen, was das Bild zeigen will. Einzigartig und unverwechselbar.

Wabi-Sabi und die Lehre von Weg-Meistern

Das Wort ‚Wabi‘ bedeutet die Fähigkeit, inmitten von Armut und Mangel, wahre Zufriedenheit des Herzens zu erlangen. Sabi“ bedeutet die Fähigkeit, aus den einfachsten Bedingungen ein tiefes Verständnis zu gewinnen. Beides zeigt die Psyche des japanischen Volkes, die Fähigkeit, sich ein Herz zu fassen und unter allen Bedingungen tiefes Verständnis zu erlangen. Der Ursprung dieses Ausdrucks, „Wabi Sabi“, hat eine interessante Geschichte.

Während seiner Jugend suchte Sen No Rikyu, der japanische Meister der Teezeremonie aus dem 15. Jahrhundert, Rat bei einem berühmten Lehrer.  Dieser Lehrer beschloss, Rikyu zu testen, um zu sehen, welche Art von Mensch er war, bevor er ihn in der Kunst des Daidao unterrichtete. Also wies dieser Lehrer Rikyu an, den Garten zu pflegen.  Rikyu zog Unkraut, harkte den Boden, pflanzte schöne Pflanzen und Bäume und legte einen nahezu perfekten Garten an.  In einem ästhetischen Sinn war es ein Garten, dem es an nichts fehlte.

Aber Sen No Rikyu stellte fest, dass mit seinem Garten etwas nicht stimmte, kurz bevor er ihn seinem Lehrer zeigen wollte.  Er entdeckte, dass sein Garten zu künstlich aussah, dass er zu sehr von Menschenhand gemacht aussah und dass er nicht genug natürliche Schönheit der Natur enthielt.  Sen No Rikyu packte daraufhin einen der Kirschbäume und schüttelte ihn, bis seine Blüten den perfekt angelegten Gartenboden übersäten.  Er war der Meinung, dass dies seinen Garten schöner machen würde.  Die Fähigkeit, das Leben und die Natur auf eine neue, besondere Weise zu betrachten, wie es Sen No Rikyu tat, wird als „Wabi-Sabi“ bezeichnet.

Der Ästhetizismus, oder der Standard der Schönheit, des 15. Jahrhunderts in Japan war geprägt von der Wertschätzung von kunstvollen Verzierungen und absoluter Perfektion.  Sen No Rikyu versuchte, die Wertschätzung der einfachen, natürlichen Schönheit durch Unvollkommenheit wiederzuentdecken, und diese Bewegung wurde später als „Wabi-Sabi“ bezeichnet.

Der Weg von Wabi Sabi

Der Wege gibt es viele. Der Weg der Erleuchtung durch die Lehre Buddhas (Zen-do), der Weg der Medizin (I-do), der Weg des Teetrinkens (Cha-do), der Weg der Kampfkünste (Budo), und viele weitere. Alle Wege haben die gleiche Essenz, folgen den gleichen universellen Gesetzten und führen zum gleichen Ziel. Unsere Haltung hier und jetzt beeinflusst das ganze Universum. Unser Verhalten wird auf unser tägliches Leben zurückstrahlen. Habe Vertrauen in die Kräfte und die Ordnung des Universums. Störe sie nicht willkürlich, sondern lass Dich von ihnen führen und lebe in Harmonie mit ihnen. Lebe das Prinzip von SABI und WABI.

Wabi-Sabi „Schönheit“ mit dem Konzept von Yin und Yang erklärt

Abbildung: Wabi Sabi Prinzip der Schönheit Die vier japanischen Wörter für „Schönheit“ lassen sich mit dem Konzept von Yin und Yang erklären:

  • Hade = farbenfroh, kühn gemustert, übersprudelnd im Gesamtbild, ist Yang und gilt als unreifer jungendlicher ästhetischer Stil.
  • Jimi = das Gegenteil von Hade, ist nüchtern und gesetzt in Farbe, ordentlich korrekt und damit glanzlos. Da ist nichts „Angeberisches“, kein wesentliches Merkmal. Das gilt als Yin.
  • Iki = liegt zwischen den beiden obigen Arten der Schönheit. Iki entspricht dem französischen Wort „chic“, smart, stilvoll, elegant, modisch, klug und raffiniert. Iki ist mehr Yin als Hade, aber mehr Yang als Jimi.
  • Shibui = Schönheit ohnegleichen. Es ist absolut, ausserhalb von Yin und Yang.

Mehr dazu im Buch: InYologie – die detaillierte Lehre von Yin und Yang, auf über 900 Seiten. https://vivoterra.com/shop/inyologie-die-detaillierte-lehre-von-yin-und-yang/

Lernen wir die Schönheit wieder mit dem Herzen zu sehen, um das Leben in Harmonie mit der Natur geniessen zu können.

Quellen und Bücher

INYOLOGIE – Die detaillierte Lehre von Yin und Yang

InYologie – Die detaillierte Lehre von Yin und Yang

Die InYologie ist ein magischer Kompass, um die Naturgesetze und die Ordnung im Universum zu verstehen.

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