Östrogenmangel unwahrscheinlich
Ein Östrogenmangel ist äußerst selten! Was viele nicht wissen: Östrogene können fast in jeder Zelle unseres Körpers hergestellt werden. Denn durch ein Enzym namens Aromatase kann der Körper grundsätzlich aus Testosteron Östrogen herstellen. Damit ist es selbst für eine Frau ohne Eierstöcke schwer in einen Östrogenmangel zu kommen. Denn die Menge an Östrogenen, die im Gewebe produziert werden kann, wird bei Bedarf der Menge an Östrogenen angeglichen, welche die Eierstöcke produziert hätten.
Hormonelle Probleme- eine moderne Plage
Man beachte, dass der Mensch eine Körpertemperatur von 37 Grad Celsius aufweisen sollte (oder sogar etwas höher, bei Frauen zumindest während des Eisprungs). Diese Temperatur wird heutzutage höchstens von Kindern erreicht. Cellulite, ein Zeichen für hormonelle Imbalance und Übersäuerung, war selbst bei übergewichtigen Menschen in der ersten Hälfte des 20. Jh nicht bekannt. Auch Nahrungsmittelintoleranzen waren äußerst selten.
Xenoöstrogene und Testosteron
Du weisst mittlerweile, dass der Zustand der Männer in der westlichen Welt schlecht aussieht: Eine Metaanalyse, die 7500 Studien umfasste, ergab, dass sich die Spermienzahl von Männern aus westlichen Ländern in den letzten 40 Jahren halbiert hat. Zurzeit sinkt sie um 1,4% jedes Jahr. Auch die Testosteronwerte fallen jährlich. Ein 30-Jähriger in den 60er-Jahren hatte noch deutlich höhere Testosteronwerte, als ein 30-jähriger Mann heute.
Mittlerweile leidet jeder 4. Mann über 30 unter einem Testosteronmangel
Gleichzeitig sehen wir einen Anstieg der Männer mit Übergewicht, Herzkreislauferkrankungen und Depressionen. Kein Zufall, wenn man bedenkt, dass niedriges Testosteron ein gemeinsamer Risikofaktor dieser Probleme ist.
Der Trend ist also eindeutig: Abwärts
Über die Ursachen für die Entwicklung wird viel spekuliert. In dem Zusammenhang wurde auch das Soyboy-Meme geboren. Denn Soja enthält pflanzliches Östrogen, das im Verdacht steht eine feminisierende Wirkung zu haben und so diese negative Entwicklung zu begünstigen.
Aber Soja ist bei weitem nicht das einzige und auch nicht das größte Problem.
Über Xenoöstrogene und endokrine Disruptoren wird selten gesprochen, auch wenn sie deutlich stärker in das hormonelle System eingreifen als Soja. (Zugegebenermaßen klingt Xenoöstrogen-Boy auch weniger einprägsam als Soyboy. Falls dir was Knackiges einfällt, um das Thema zu verbreiten, sag bescheid.)
Die berüchtigsten (und gefährlichsten) Xenoöstrogene sind folgende:
- BPA: Es wird häufig bei der Plastikherstellung eingesetzt und ist eins der am häufigsten produzierten Chemikalien. Im Körper wirkt es wie ein Hormon, senkt Testosteron und führt zu erektiler Dysfunktion. (Quellen)
- Phtalate: Das sind die sogenannten „Weichmacher“. Sie machen Plastik formbar und sind Weichmacher im wahrsten Sinne des Wortes, denn sie senken Testosteron. Außerdem werden sie als Stabilisatoren für zahlreiche Pflegeprodukte verwendet.
- Parabene: Sie werden in fast allen Arten von Kosmetikprodukten eingesetzt: Sonnencremes, Lotionen, Duschgel, Shampoo, Gleitgel, Zahnpasta, Rasierschaum… Parabene sind Xenoöstrogene, die an den Östrogenrezeptoren andocken und so Testosteron senken und Östrogen steigern. Gegenstände, die Chemikalien ausweisen, die mit ethyl, methyl, butyl, oder propyl enden, enthalten Parabene.
- Benzophenone (BP-1, BP-2, BP-3…): Diese Chemikalien finden sich vorwiegend in Sonnencremes. Sie stehen in starkem Verdacht die Aktivität von Enzymen zu reduzieren, die für die Testosteronproduktion benötigt werden. Für BP1-3 ist dies bewiesen. Auch werden sie mittlerweile als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft.
- Triclosan and Triclocarban: Das sind die Wirkstoffe, die traditionell in Desinfektionsmitteln eingesetzt werden. Aber sie töten nicht nur Bakterien, sondern blockieren auch die Testosteronproduktion in den Hoden. Triclosan wurde in der EU verboten, wird aber außerhalb Europas noch großflächig in antibakteriellen Seifen und Sprays, Zahnpasta, Kinderspielzeugen, Rasiergel und Deos eingesetzt.
- Polychlorinated Biphenyls (PCBs): Auch diesen Chemikalien wurde schon vor Längerem der Riegel vorgeschoben, nachdem herauskam, dass sie katastrophalen Einfluss auf die Gesundheit haben. Doch es wurde nicht damit gerechnet, wie hartnäckig sie sind. Spuren lassen sich in zahlreichen Produkten nachweisen, aber vor allem in Fisch und Fischöl aus belasteten Gebieten. PCB senkt bis heute Testosteron und hat starke antiandrogene Wirkung.
- So gut wie alle Pestizide: 30 von 37 getesteten Pestiziden sind endokrine Disruptoren. Das heißt, sie greifen negativ ins hormonelle System ein. Viele unterdrücken Testosteron, indem sie wichtige Enzyme in den Hoden zerstören, andere haben östrogenähnliche Wirkung und sind deshalb ähnlich zu Xenoöstrogenen. Pestizide lassen sich weitestgehend vermeiden, wenn man Bio kauft.
Ich hoffe, damit ist das Thema schon etwas greifbarer für dich. Aber lass uns noch einsteigen und einen Blick hinter die Kulissen werfen:
Studien zu Xenoöstrogenen
a) In dieser Studie wurden Männer untersucht, die in Chemiewerken arbeiten, in denen BPA hergestellt wird. Sie hatten signifikant niedrigere Testosteronwerte als Männer, die in einem Wasserkraftwerk beschäftigt waren. Insbesondere das freie Testosteron, war bei ihnen reduziert.
b) Eine Studie mit 568 Mädchen in Saudi Arabien ergab, dass die Nutzung von Plastikflaschen und Kinderspielzeug aus Plastik mit vorgezogener Pubertät korrelierte.
c) Auch Jungen sind betroffen. In dieser Studie wurden die Mütter von 196 Jungen während der Schwangerschaft auf ihre Phtalate-Werte untersucht. 21 Monate nach der Geburt wurden die Testosteronwerte (indirekt) bestimmt, um zu prüfen, ob Phtalate sich in der Schwangerschaft auf das Kind auswirken. Das Ergebnis war eindeutig: Je höher die Phtalate-Werte der Mutter, desto niedriger die Testosteronwerte ihres Jungen.
d) BPA senkt nicht nur Testosteron und kann erektile Dysfunktion auslösen, sondern unterdrückt auch das Enzym 5-alpha Reduktase. Das wandelt Testosteron in seine deutlich potentere Form Dihydrotestsoteron um. Bei Frauen kann es Brustkrebs begünstigen, denn es hat den Anschein, als sei BPA in der Lage, gesunde Zellen in Krebszellen umzuwandeln. Außerdem behindert es die Gene, die für die Krebsbekämpfung zuständig sind.
e) Als Forscher Wasser aus Plastikflaschen von 18 verschiedenen Marken untersuchten, stellten sie bei 11 eine „östrogene Aktivität“ fest.
f) Und es wird noch heftiger. In einer Studie wurden 445 übliche Haushaltsprodukte aus Plastik auf „östrogene Aktivität“ untersucht. Bei 70% konnte diese nachgewiesen werden. Darunter auch Produkte, die als „BPA-frei“ verkauft wurden. Wenn die Produkte normalen Bedingungen ausgesetzt wurden, das bedeutet in der Mikrowelle erhitzt, oder in der Spülmaschine gewaschen, stieg der Anteil derjenigen mit östrogener Wirkung auf 95% an.
g) Xenoöstrogene haben eine sehr lange „Halbwertszeit“. Bei vielen dauert es 25-100 Jahre, bis sie abgebaut sind. Dadurch bleibt ihre Wirkung über einen längeren Zeitraum aktiv. Außerdem können Chemikalien über vielerlei Wege in unseren Körper eindringen: Durch die direkte Einnahme, das Einatmen, oder sogar über die Haut.
Nochmal: Es ist so gut wie möglich diese Chemikalien vollständig zu vermeiden. Wenn du die gröbsten Fehler abstellst und Schritt für Schritt neue Produkte oder Gewohnheiten in deinem Alltag integrierst, dann bist du auf dem richtigen Weg. Kein Grund daran zu verzweifeln.
Kommen wir also endlich zur entscheidenden Frage:
Wie kannst du Xenoöstrogene vermeiden?
Wie schon angekündigt, braucht es dafür einige neue Gewohnheiten und Produkte.
Hier die (nicht-erschöpfende )Liste. Ich weiß, dass ist viel auf einmal, aber ich rate dir trotzdem so viel wie möglich umzusetzen. Falls es dir nicht möglich ist, dann halte dich zumindest an die kritischen Punkte, die ich hervorgehoben habe.
Nahrungsmittel:
- Iss vorwiegend unverarbeitete und unverpackte Lebensmittel. Auch Dosen enthalten BPA und insbesondere Tomatensauce nimmt die Chemikalien auf. Eine gute Alternative ist es, Gemüse einzufrieren, statt Dosen zu kaufen.
- Kaufe so oft wie möglich Bio. Bio-Lebensmittel werden weniger oder gar nicht mit chemischen Pestiziden behandelt. Insbesondere gilt der Tipp für das „dreckige Dutzend“. Das sind 12 Früchte, die im Schnitt am stärksten mit Pestiziden belastet sind. Schäle Obst und Gemüse, das keine Bio-Qualität hat.
- Milchprodukte und Fleisch aus Massentierhaltung ist randvoll mit Xenoöstrogenen und Hormonen. Gerade hier ist darauf zu achten hochwertige Produkte zu kaufen. Idealerweise von grasgeweideten Tieren.
- Um Geld für diese teureren Bio-Produkte zu sparen, ist es empfehlenswert seltener auswärts essen zu gehen. In den meisten Restaurants steht Effizienz im Vordergrund und die Problematik von Xenoöstrogenen ist nicht bekannt. Deshalb wird Essen in Plastik gelagert, erhitzt und vorbereitet ohne Rücksicht auf (hormonelle) Verluste.
- Wenn du bei dir kochst, nutze Kochgeschirr aus Holz oder Metall, statt aus Plastik
- Auch die Teflonpfanne sollte durch eine aus Edelstahl oder Titan ersetzt werden
- Nutze keinen Wasserkocher aus Plastik und auch dein Kaffee sollte nicht von einer Maschine aus Plastik aufgebrüht werden. Wenn das Plastik erhitzt wird, vermischen sich die Chemikalien und Xenoöstrogene besonders gut mit dem Wasser. So wird die morgendliche Tasse Kaffee oder Tee zum Chemiecocktail. Ich kann ein Lied davon singen, denn ich habe das jahrelang so gehandhabt und keine guten Ergebnisse damit erzielt. Benutze einen Wasserkocher aus Glas oder koche dein Wasser im Topf und verwende eine Frenchpress für deinen Kaffee.
- Iss täglich Kreuzblüter wie Brokkoli, Blumenkohl, Rosenkohl, Grünkohl etc. Die enthalten einen natürlichen Inhaltsstoff mit dem Namen Indole-3-Carbinol. Der ist dafür bekannt überschüssiges Östrogen auszuleiten. Alternativ kannst du dir den Wirkstoff auch als Ergänzungsmittel kaufen.
Plastik:
- Es überrascht dich jetzt wahrscheinlich nicht mehr, dass herkömmliches Plastik eine gesundheitliche Katastrophe ist. Es lässt sich nicht überall vermeiden, aber die gröbsten Fehler sind erstaunlich einfach mit dieser Daumenregel zu lösen: Alles, was du isst oder trinkst sollte nicht mit Plastik in Kontakt sein. Wenn es um deine Nahrungsmittel geht, suche dir eine Alternative zu Plastik: Bewahre dein Essen nicht in Plastikbehältern auf und trinke kein Wasser aus Plastikflaschen, sondern lege dir stattdessen Alternativen aus Glas, Metall oder Keramik zu.
- Wenn du absolut nicht auf Plastik verzichten kannst, dann vermeide um jeden Preis es zu erhitzen. Iss kein Essen, dass in Plastikschalen aufgewärmt wurde und trinke keine Getränke aus Plastikflaschen, die in der Sonne standen. Durch die Hitze nimmt deine Nahrung besonders gut die Chemikalien auf. Das ist mit das Schlimmste, was du deiner Gesundheit antun kannst.
- Kaufe dir kein Wasser aus Plastikflaschen mehr, sondern lege dir einen Wasserfilter zu, der Fluoride aus deinem Kranwasser filtert. Leider habe ich bis jetzt keinen gefunden, der nicht aus Plastik gefertigt ist, aber immerhin gibt es einige ohne BPA, auch wenn das keine Versicherung ist, das er völlig unschädlich ist. Falls du wirklich ernst machen willst, dann ist ein Umkehrosmose-Filtersystem für dich.
- Auch Produkte, die als „BPA-frei“ gekennzeichnet sind, sollten vermieden werden. Denn statt BPA werden andere Chemikalien benutzt, die nur unzureichend erforscht sind.
- Tausche deinen Duschvorhang gegen einen aus, der kein PVC enthält
Pflegeprodukte und Kosmetik:
- Für die meisten wird es besonders bei diesem Punkt kritisch. Denn so gut wie alle herkömmlichen Pflegeprodukte und Kosmetika enthalten Xenoöstrogene. Gehe jetzt in dein Badezimmer und schmeiße alles weg, was etwas mit -paraben, ethyl, methyl, butyl, oder propyl unter den Inhaltsstoffen ausweist.
- Lege dir ein Deo zu, das auf natürlichen Inhaltsstoffen basiert, oder entdecke deinen inneren Hippie und stelle dein eigenes Deo her
- Benutze keine normale Seife und erst recht kein herkömmliches Desinfektionsmittel. Mache es wie Oma und kaufe dir den klassischen Block zusatzstofffreie Kernseife
- Benutze weniger Parfum oder sprühe es auf deine Kleidung statt auf die Haut. Alternativ kannst du auch Öko-Marken ohne Parabene oder Phthalate testen
- Auch herkömmliches Waschmittel ist meist voll mit Xenoöstrogenen. Glücklicherweise gibt es auch da natürlichere Varianten. Wenn du kannst, verzichte auch auf den Wäschetrockner
- Gerade Sonnencreme enthält die Inhaltsstoffliste eines kompletten Chemie-Grundstudiums. Verwende unbedingt natürliche Sonnencreme oder wenn du sehr unempfindlich bist, kannst du es auch mit Kokosöl probieren (LSF 4-5).
Sonstiges:
- Nimm wenn immer möglich keine Kassenbons an und reduziere deinen Kontakt zu Thermopapier (Tickets, Rechnungen, etc.) im Allgemeinen. Darin sind bedenkliche Mengen BPA enthalten und Thermopapier steht in direktem Zusammenhang mit erhöhten BPA-Werten im Urin.
- Benutze ein Taschentuch beim Tanken, denn auch in Benzin sind Xenoöstrogene gelöst
Ich weiß, das sieht jetzt erstmal sehr überwältigend für dich aus. Starte mit den Basics: Ersetze deine Kaffeemaschine, deinen Wasserkocher und alltägliche Pflegeprodukte wie Deo, Shampoo und Duschgel. Schmeiße Plastikdosen und Plastikflaschen weg und vor allem: Erhitze keine Lebensmittel in Plastik. Benutze stattdessen Behälter und Flaschen aus Metall.
Mit diesen Schritten reduzierst du schon den Großteil der Xenoöstrogenbelastung und du kommst günstig davon.
Anschließend kannst du Stück für Stück das „Finetuning“ durchführen. Speicher dir diesen Artikel und schau immer mal wieder rein, um kleinere Umstellungen vorzunehmen.
Selbst, wenn dir nur kleine Änderungen möglich sind, ist das immer noch mehr als gar nichts zu tun.
Schlussfolgerung
Mit dem „modernen Lifestyle“ haben wir neben den unendlichen Vorteilen auch einige Fallen in unseren Alltag aufgenommen, die es früher nicht gab. Darunter auch Xenoöstrogene. Sie verstecken sich überall und es wird so langsam erst deutlich, wie sehr sie uns schaden.
Insbesondere die männliche Gesundheit leidet unter diesen Chemikalien und es ist kein Zufall, dass die Testosteronwerte in den letzten Jahren zusammen mit der Spermienzahl rapide fallen, während der Kontakt zu Xenoöstrogenen immer weiter zunimmt.
Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn mit deinen Freunden, um auch sie auf das Problem aufmerksam zu machen. Erst wenn mehr Menschen über das Thema bescheid wissen und andere Konsumentscheidungen treffen, werden auch Unternehmen ihre Prozesse und Produkte verändern.